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"Die Verhältnisse
zum Tanzen bringen" wollten die Grünen in den 80er Jahren.
Dies gab den politischen Anspruch einer Partei wieder, die sich
zugleich als Bewegung verstand. Eine wichtige Rolle spielten dabei
Programme, mit denen die Grünen sich an die Öffentlichkeit
wandten, in denen aber auch Richtungsstreits und politische Bekenntnisse
verschiedener Fraktionierungen innerhalb der grünen Partei
auf sich aufmerksam machten. Die internen Kämpfe, die öffentlich
sichtbar ausgetragen wurden, machten eine Besonderheit der grünen
Partei aus. Parteiprogramme wechselten so häufiger die Richtung,
konnten aber auch erstaunliche Kontinuitäten aufweisen. Mit
dieser programmatischen Entwicklung von Bündnis 90/Die Grünen
hat Jonas Christopher Höpken, katholischer Theologe und Sozialpädagoge,
sich auseinander gesetzt und lässt ein Stück bundesrepublikanischer
Geschichte noch einmal erstehen.
Die Perspektive,
unter der er das tut, mag für Verwunderung sorgen: Er analysiert
die Programmentwicklung aus Sicht christlicher Sozialethik. Grüne
und Christen - das ist ein langes und oft schwieriges Kapitel. Jonas
C. Höpken kommt bei seiner kritischen Durchleuchtung grüner
Programme aus der theologischen Disziplin der christlichen Sozialethik
zu überraschenden Schlüssen: Keineswegs war grüne
Politik von christlichen Maßstäben weit entfernt; erst
mit dem abgeschlossenen Wandlungsprozess der Grünen zu einer
etablierten Partei in jüngster Zeit tun sich Gräben auf.
Hinzuweisen
an dieser Stelle ist darauf, dass christliche Sozialethik natürlich
kein unumstrittenes Gefüge von Normen bereithält, sondern
dass es in dieser Disziplin konkurrierende Entwürfe gibt. Höpkens
Kombination eines eher wertkonservativen Ansatzes (Furger) mit dem
bewegungsethischen Ansatz der sozialethischen "Frankfurter
Schule" (Hengsbach) darf als originell und gelungen gelten.
Es gelingt ihm, ethische Maßstäbe so weit "kleinzuarbeiten",
dass sie sich zu einer fundierten und entschiedenen Bewertung von
Parteiprogrammen eignen. Dass Höpken sich damit angreifbar
macht, steht außer Frage. Selten genug jedoch kommt es vor,
dass christliche Sozialethik als theologische Disziplin sich überhaupt
ins konkrete politische Geschehen "einmischt" und das
abgesicherte Reich allgemeiner Prinzipien verlässt. In der
politischen Debatte Farbe zu bekennen und damit konkret "Politik
möglich zu machen", steht ihr gut zu Gesicht!
Und das "Objekt"
der Untersuchung? Die bündnisgrüne Partei sucht 2001 nach
einem neuen Grundsatzprogramm für das 21. Jahrhundert. Eine
Erinnerung an die eigene programmatische Geschichte aus christlich
- sozialethischer Sicht könnte zu einer Schärfung bündnisgrüner
Suchbewegungen nach neuen Perspektiven führen. Und neue Perspektiven
sind für die Bundesrepublik, so scheint es, dringend erforderlich.
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